Depressionen - Angelegenheiten des Psychiaters?

Ein nicht erwartetes Interesse fand ein Vortrag von Frau Dr. Siglinde Haß im Plauener Gemeindezentrum zu dieser Volkskrankheit. Neben medizinischen Hintergründen und Zusammenhängen oder die Erkennung von Symptomen waren auch Therapieansätze und unterstützende Maßnahmen Inhalt des Vortrages und des anschließenden Gespräches.

In der Begrüßung und Vorstellung der Referentin richtete der Gemeindevorsteher, Evangelist Karsten Treiber, den Fokus darauf, dass der Vortrag unter seelsorgerischen Aspekten zu betrachten ist. Es ist immer die Sorge, bei diesen Krankheitsbildern das Richtige zu tun und – auch wenn man selbst einmal davon betroffen sein sollte – wie man damit umgehen sollte.

Frau Dr. Haß äußerte zunächst ihr Erstaunen darüber, dass sie so freundlich und von fast 80 Interessierten empfangen wurde. In ihrem Referat wies sie zunächst auf die stark zunehmende Volkskrankheit hin. Man spricht in Deutschland von über 4 Millionen Betroffenen, tendenziell steigend. Die genetische Erkrankungsbereitschaft, äußere Einflüsse und zunehmende konflikterlebende Menschen sprechen für weitere Indikationsvoraussetzungen. Eine Volkskrankheit im wahrsten Sinn des Wortes.

Die Komplexität der seelischen Erkennungsmerkmale, wie z.B. Antriebslosigkeit, innere Unruhe, mangelnde Freude, Schlaflosigkeit, fehlender Lebenswille und unterschiedliche Gefühlsverluste, Trauerunfähigkeit, Hoffnungslosigkeit, Selbstisolation oder Unzufriedenheit machen die Diagnose so schwierig. Meist ist es nicht nur eine vorrübergehende psychische Befindlichkeitsstörung, sondern eine sehr ernsthafte Erkrankung, die auch verschiedene organische Auswirkungen zeigen kann. Der Betroffene leidet.

In ihren Ausführungen erläuterte die Fachärztin beispielhaft einige Depressionsarten, wie Formen der larvierten, der reaktiven oder endogenen Depression. Anhand von Fallbeispielen beschrieb sie einige Behandlungsansätze der Ärzte, wie z.B. Psycho- und Gesprächstherapien, elektrische Stimulation usw. Vor allem versuchte sie, das Verständnis für medikamentöse Behandlungsmethoden zu wecken. Mit ihren Erläuterungen zum Ausgleich fehlender Botenstoffe sagte sie bestehenden Vorurteilen bei der Verabreichung von Psychopharmaka bzw. Antidepressiva den Kampf an. Vielfach wird diesen Mitteln unterstellt, dass es sich hierbei um vergiftende Chemiepräparate handelt oder dass sie zu Abhängigkeiten führen.

Zusammenfassend wurden mögliche Maßnahmen besprochen. Es wurde unterstrichen, dass ein Behandlungsmix für Heilungsaussichten bei den Betroffenen entscheidend sein kann, um auch die oft zu lange Leidenszeit zwischen ersten Symptomen und endgültiger Diagnose zu verkürzen:

  • Medikation (z.B. Verabreichung von Antidepressiva zur Herstellung des Gleichgewichts der verschiedenen Botenstoffe)
  • verschiedene Therapien unter fachlicher Anleitung
  • aktive Mitarbeit in Selbsthilfegruppen, soziale Betreuungsmöglichkeiten
  • positive Gesprächssignale setzen (Mutmachen, Krankheitsuneinsichtigkeit beenden, Aufmuntern, Loben, Erfolge besprechen…)
  • zu erfüllbaren Aufgaben animieren
  • Hilfe in der Konfliktüberwindung

Während die erstgenannten Maßnahmen immer in die Hände von Spezialisten zu legen sind, können die letztgenannten Möglichkeiten ein Ansatz für seelsorgerische Unterstützung bieten.

Nicht zuletzt sind nach Jesu Gebot der Nächstenliebe der Glaube und das fürbittende Gebet heilungsunterstützend.

Dies kam auch in zahlreichen Anfragen und Gesprächsbeiträgen der Anwesenden Glaubensgeschwister aus verschiedenen Gemeinden des Kirchenbezirkes zum Ausdruck. Nach der über zweistündigen Veranstaltung wurde Frau Dr. Siglinde Haß mit viel Applaus und einem Blumenstrauß, den der Gemeindevorsteher überreichte, verabschiedet.

Text: U.S. / Fotos: K.Mr.